Kaum eine germanistische Dissertation ist in den letzten Jahren auf eine solche Resonanz gestoßen wie die hier anzuzeigende. Über die Arbeit wurde in den Feuilletons oft auf der ersten Seite und nicht in den hinteren Spalten für die Spezialinteressen geschrieben – und zwar in einer großen Breite der Meinungen, die von enthusiastischer Zustimmung, nüchternem Referieren und polemischer Zurückweisung gekennzeichnet war. Die Aufregung hing natürlich primär mit dem Gegenstand der Arbeit zusammen, und sie setzte die emotional geführten Debatten um Martin Walser fort, die sich insbesondere an dessen „Sonntagsrede“ zur Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels im Jahre 1998, an dem Roman „Tod eines Kritikers“ (2002) und an der Weigerung der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ entzündet hatten, den eigentlich geplanten Vorabdruck des Romans zu bringen. Inhaltlich ging es bei diesen Diskussionen um die Frage des deutschen Umgangs mit der Erinnerung an die Shoah, der deutschen Schuld am Völkermord an den europäischen Juden und darum, ob die im Schlüsselroman erkennbare Kritik an dem ‚Kritikerpapst‘ Marcel Reich-Ranicki von antisemitischen Klischees beherrscht sei oder zumindest mit diesen spiele. Walser selbst hat sich gar nicht souverän abfällig über „sogenannte Germanisten aus Lüneburg“ geäußert – so als wenn der Geist der Wahrheit nur an bestimmten Orten wehen würde, wie in Heidelberg, wo der Germanist Helmuth Kiesel zum Wortführer der engagierten und polemischen Verteidiger Walsers wurde.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1868-7806.2008.02.16 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1868-7806 |
Ausgabe / Jahr: | 2 / 2008 |
Veröffentlicht: | 2008-07-02 |
Seiten 308 - 310
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