Es ist ein Topos der Realismusforschung, dass in literarhistorisch realistischen Erzählungen naive Realitätskonzepte in der Regel verletzt und durch un-realistische Elemente konterkariert werden. Auf dieser Basis reflektiert der Aufsatz die Problematik ‚realistischer' Realitätskonzeptionen. Er zeigt, dass Realität eine Funktion des Erzählers, mithin erzählte Realität ist: Der Erzähler stellt die Instanz dar, die Realistisches und Unrealistisches so konfrontiert, dass daraus seine Allmacht resultiert. Die Inszenierung dieser Allmacht konstituiert Erfahrungsrealität(en) eigener Art. In den beiden Beispielsanalysen zu Wilhelm Raabes "Zum wilden Mann" (1884) und zu Conrad Ferdinand Meyers "Die Hochzeit des Mönchs" (1883/84) wird gezeigt, wie in der Selbstinszenierung des Erzählers unrealistische Elemente wie z.B. der Teufelspakt oder der Zufall nicht nur die Realität der Figuren subvertieren, sondern auch soziale Realitäten eigener Art konstruieren: z.B. die Erfahrung des Kapitalismus oder der Konfrontation von Ästhetik und Politik.
It is a topos of research on realism that in narratives which are realistic from the point of view of literary studies naive concepts of reality are regularly undermined by the introduction of unrealistic elements. The present article reflects on realist concepts of reality against this background. It shows that reality is a function of the narrator and is thus narrated reality. The narrator is the authority which confronts realistic and unrealistic elements, leading to his or her omnipotence. The staging of this omnipotence constitutes experienced reality of a special kind. The two example analyses of Wilhelm Raabe's "Zum wilden Mann" (1884) and Conrad Ferdinand Meyer's "Die Hochzeit des Mönchs" (1883/84) show how, in the narrator's staging of the material, unrealistic elements such as the pact with the devil or chance not only subvert the reality of the figures but also construct social realities of their own kind, e.g. the experience of capitalism or the confrontation of aesthetics and politics.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1868-7806.2003.02.05 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1868-7806 |
Ausgabe / Jahr: | 2 / 2003 |
Veröffentlicht: | 2003-04-01 |
Seiten 218 - 236
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