Im dritten Teil seiner „Ästhetik“ („Die Poesie“) betont Hegel die Nähe der „Beredsamkeit“ zur „freien Kunst“. Dies unterscheide sie qualitativ von der „Geschichtsschreibung“. Es heißt dann freilich einschränkend: „Im rechten Lichte gesehen, steht jedoch gerade in der Redekunst diese scheinbare Freiheit am meisten unter dem Gesetz praktischer Zweckmäßigkeit“. Dadurch verliere die Redekunst ihre „freie Gestalt“ und werde „zu einer Absichtlichkeit, zu einem Sollen“, das mit der „freien poetischen Organisation des Kunstwerks“ unvereinbar sei. Seit der „Kritik der Urteilskraft“, in der Kant die Beredsamkeit der „künstlichen Überredung“ verdächtigt, der Dichtkunst indes den Aufrichtigkeitsstatus zugesprochen hatte – „in der Dichtkunst geht alles ehrlich und aufrichtig zu“! –, war es schlecht bestellt um das Ansehen der ars oratoria, deren universaler Anspruch seit der Antike unbestritten war. Daß sich diese insgesamt negative Auffassung auf die wissenschaftliche Forschung insbesondere in Deutschland auswirken mußte, liegt auf der Hand. Es war dann der Anglist Klaus Dockhorn3, der sich 1949 nachdrücklich gegen die Präponderanz von Organismus- und Schöpfungsästhetik, typenvergleichende und gestaltpsychologische Richtungen in der deutschen Literaturwissenschaft verwahrte und den Blick auf die Pathos und Ethos erregende Macht der Rhetorik lenkte. Seine Studien zur stil- und ideenbildenden Wirkung der Rhetorik, fast zwanzig Jahre später in einem Sammelband vorgelegt, markieren, wissenschaftsgeschichtlich gesehen, einen Wendepunkt hinsichtlich der Einschätzung der produktiven Kraft rhetorischer Überlieferung.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1868-7806.1998.04.10 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1868-7806 |
Ausgabe / Jahr: | 4 / 1998 |
Veröffentlicht: | 1998-12-01 |
Seiten 622 - 626
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