Wehe dem, der heute nicht vernetzt ist! Parallel zum gegenwärtigen Vernetzungsimperativ, dessen Kehrseite diese Drohung ist, lautet die Devise im social web: Gewinne Freunde! Eine solche Verquickung von Freundschaft und Netzwerk ist beidseits irritierend, bedeutet doch nach alteuropäischer Tradition der Besitz vieler Freunde (Polyphilie) zugleich den Verzicht auf wahre Freundschaft. Umgekehrt setzen aktuelle Konzeptualisierungen von Netzwerken bewusst nicht auf Freundschaft als die eine bzw. seltene, privilegierte Beziehung. Anstatt die Irritation zum Anlass gegenwartsdiagnostischer Klage zu nehmen (etwa: ,Was sind denn diese Vernetzten heutzutage noch für Freunde?!‘), sucht der von Natalie Binczek und Georg Stanitzek herausgegebene Sammelband, der in der Reihe „Beihefte zum Euphorion“ bei Winter erschienen ist, daraus eine analytische Perspektive zu gewinnen, die gerade auch historisierend ausgerichtet ist: Laut Einleitung soll „die Fülle historischer Freundschaftskonzepte und -praktiken“ als herkömmlicher Gegenstände „literaturwissenschaftlicher Untersuchung“ neu „im Licht aktueller soziologischer bzw. ethnologischer Netzwerktheorien und vice versa“ besprochen werden.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1868-7806.2012.04.14 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1868-7806 |
Ausgabe / Jahr: | 4 / 2012 |
Veröffentlicht: | 2012-12-12 |
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