Selbsterhaltung oder Sympathie, Machttrieb oder Mitleid, Gier, Generosität oder Dankbarkeit – Schlüsselbegriffe politischer Philosophien vom 16. bis zum frühen 19. Jahrhundert betreffen menschliche Triebe, Leidenschaften und Gefühle. Mit Beginn der Frühen Neuzeit verlegt sich die Regierungskunst verstärkt auf die Menschenkenntnis und die Möglichkeiten, die Affektsteuerung zu einem Instrument politischen Handelns zu machen. In den konkurrierenden Bestimmungen des Menschen als grundsätzlich egoistischem, nur durch absolute Herrschaft zu disziplinierendem, oder aber als einem altruistischen, von Natur aus zu sozialen Bindungen disponierten Wesen zeichnet sich zugleich eine historische Zäsur ab, mit der sich das 18. vom 17. Jahrhundert absetzt. Zur Herausbildung der modernen politischen Theorie gehört also nicht nur die wissenschaftliche Diskursivierung der Triebe und ihre Umarbeitung zu sozialen Gefühlen, sondern auch ihre jeweils von politischen Interessen geprägte Deutung. Indem sich die politischen Wissenschaften den menschlichen Leidenschaften zuwenden, erschließen sie der Herrschaft einen Bereich, der in der Antike als dezidiert nicht-politischer Raum des oikos konzipiert worden ist. Die in der Moderne ausgebaute ökonomische Verwaltung des Lebens und ihren Unterschied zur absolutistischen Macht, sterben zu machen, hat Michel Foucault in seinen Arbeiten zur Biopolitik ausgearbeitet.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1868-7806.2010.02.13 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1868-7806 |
Ausgabe / Jahr: | 2 / 2010 |
Veröffentlicht: | 2010-11-30 |
Seiten 293 - 296
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