DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1868-7806.2024.04 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1868-7806 |
Ausgabe / Jahr: | 4 / 2024 |
Veröffentlicht: | 2024-12-13 |
Komische Darbietungen treiben die Aufklarung um. In Gestalt geselliger Scherze starken sie die Bande der Gesellschaft; die sinnliche Affektivitat des Komischen wird aber auch als bedrohlich empfunden. In diesem Diskursfeld arbeiten Georg Friedrich Meiers wenig beforschten „Gedancken von Schertzen“ (1744) einem Paradigmenwechsel von Normpoetik auf Asthetik zu, indem sie zwar eine Rhetorik des Scherzens aufstellen, das Scherzen jedoch als eine genuin asthetische Praktik konturieren.
Dieser Beitrag stellt den Begriff der lyrical soundscapes vor. Solche Soundscapes beinhalten symbolische (klangrhetorische), imaginäre (motivische) und reelle (auditive) Dimensionen und lassen sich anhand des Signal-Rausch-Abstands in Hi-Fi- und Lo-Fi-Soundscapes einteilen. Ein besonders prägnantes Beispiel für eine Hi-Fi- Soundscape ist Klopstocks Ode „Mein Wäldchen“. Der klare und distinkte Klopstock- Sound, der dort ertönt, ist auch in der Lyrik der deutschsprachigen Romantik unüberhörbar, etwa in Brentanos „O kühler Wald“.
Der Beitrag versucht am ersten Teil des „Buchs der Sagen und Sänge“ zu demonstrieren, dass Stefan George schon in frühen Gedichten mit Denkbildern arbeitet, die auf das aus seinem Spätwerk bekannte Programm eines „Neuen Reiches“ als Reich ohne Frauen im Zeichen des Maximin-Kults vorausweisen. Georges Selbstkommentare verorten das Gedichtbuch innerhalb der Suche nach dem Stil einer künftigen Dichtung. Seine Auseinandersetzung mit dem Mittelalter erweist sich in diesem Kontext als experimentelle Verschiebung des Minnecodes der Trobadorlyrik. Dabei wird die hohe Dame als Zentrum dieser Lyrik disloziert zugunsten von homoerotisch aufgeladenen, männlichen Imagines wie Waffengefährten, Rittern und Sängern.
Die Rezeption der Naturgeschichte, d. h. von Geologie und Paläontologie, im Bereich des deutschen Magischen Realismus zwischen 1930 und 1950 ist ein Desiderat. Der Beitrag konzentriert sich auf Muster naturgeschichtlichen Denkens, die sowohl Prosa als auch Lyrik von Autor:innen prägen, deren Platz in der Literaturgeschichte oftmals als ‚naturmagische Schule‘ charakterisiert wird. Im Mittelpunkt stehen Elisabeth Langgässers (1899–1950) offensichtlich von Gottfried Benn inspiriertes Gedicht „Zwillinge“ aus ihrem zweiten Gedichtzyklus „Die Tierkreisgedichte“ (1935) und die frühe Erzählung „Proserpina“ (1932/1949). Ziel der Untersuchung ist eine genauere Bestimmung des Verhältnisses von Poetologie und naturgeschichtlichem Wissen in der naturmagisch orientierten „reflektierten Moderne“ (Helmuth Kiesel).
Der Aufsatz leistet einen Beitrag zur Ost-West-Debatte. Im Mittelpunkt steht die neueste deutschsprachige Literatur der Autorengeneration der sogenannten Millennials, die exemplarisch an den Texten „Nullerjahre“ von Hendrik Bolz und „Drausen feiern die Leute“ von Sven Pfizenmaier diskutiert werden soll. Dabei wird die These entwickelt, dass es in der Literatur zu Beginn des 21. Jahrhunderts keine spezifisch ost- und westdeutschen Thematiken mehr gibt, da alle vermeintlichen Unterschiede in einen medialen Raum überführt werden, der mögliche Differenzen homogenisiert und die Adoleszenz der Millennials starker determiniert als der konkrete geografische Raum.
Die Geschichte der Entdeckung der sogenannten Tiefenzeit ist im populären Sachbuch bereits mehrfach erzählt worden, z. B. mit gesellschaftsdiagnostischem Anliegen von John McPhee oder mit wissenschaftsgeschichtlichem Anspruch von Stephen Jay Gould. Auch in den Literatur- und Kulturwissenschaften sind nicht langer nur geologische Themen und Motive in der Literatur von Interesse, sondern auch die wissenschaftsgeschichtlichen Kontexte und ihre Protagonisten.
In ihrer Studie nimmt Sarah Alice Nienhaus das Verhältnis von Archiv und Autobiografie in den Blick und zeigt, dass dieses durch spezifische Prozesse des Entscheidens markiert ist und von Schriftstellerinnen und Schriftstellern literarisch produktiv gemacht wird. Ausgehend von der aktuellen Forschung rund um das „Nachlassbewusstsein“, das einen veränderten Umgang mit schriftstellerischen Nachlassen seit ca. 1750 bezeichnet, geht Nienhaus der Frage nach, inwiefern Autobiografien nicht nur dazu dienen, eine literarische Ruckschau auf das Schriftstellerleben zu gewahren, sondern auch den bewussten Umgang mit eigenen Manuskripten und Korrespondenzen abbilden.
Selten wurde ‚Weltliteratur‘ innerhalb der vielschichtigen Debatten der vergangenen Jahrzehnte mit dem komplementären Begriff der ‚Kleinen Literatur(en)‘ in Verbindung gebracht – wie etwa in Pascale Casanovas „La République mondiale des Lettres“ (Paris, 1998) oder im vorliegenden Sammelband von Jeanne E. Glesener und Oliver Kohns.
In bewusster Abgrenzung zu den „Frankfurter Poetikvorlesungen“ begründete Hartmut Steinecke 1983 die „Paderborner Gastdozentur für Schriftsteller“ und betonte aus Distanz zu dogmatischen Ansätzen immer wieder, dass seine Gäste gerade nicht geschlossene oder gar normative Poetiken präsentieren müssten.
Wer nach alter Gewohnheit durch Universitätsbibliotheken streift und dort nach Schriften von Johann Friedrich Herbart (1776–1841) sucht, wird entweder in der psychologischen oder in der pädagogischen Abteilung fündig. Dass hingegen in der Sektion der Philosophie und insbesondere im Bereich der philosophischen Ästhetik eine Werkausgabe meist fehlt, deutet das Desiderat an, dem Ingo Stöckmanns Monographie zur „Theorie und Geschichte der formalistischen Ästhetik“ Abhilfe zu leisten verspricht.
Die Studie von Jeongseon Hyeon ist zwei Autoren gewidmet, deren Poetiken gemeinhin als gegenläufig beschrieben werden können: Auf der einen Seite, in den Worten der Verfasserin, der konservative Ästhetiker Botho Straus („Kunst ist nicht für alle da“), auf der anderen Seite der anti-elitäre Pop-Autor Rainald Goetz („Abfall für alle“).
Zeithistoriker haben sich seit geraumer Weile den ‚langen‘ 1970ern zugewandt, gesellschaftsgeschichtliche, diskurs- und kulturhistorische Arbeiten versuchen mittels sehr unterschiedlicher Zugangsweisen, den vermuteten ‚Strukturbruch‘ während dieser Epoche dingfest zu machen.
Am Müll kommt auch die Gegenwartsliteratur nicht mehr vorbei. Entsprechend groß ist mittlerweile das Interesse an literatur- und kulturwissenschaftlicher Aufarbeitung. Lis Hansens Studie, die als Dissertation an der Münsteraner Graduate School „Practices of Literature“ entstanden ist, lässt sich in diesem Feld einer im Entstehen begriffenen Literatur- und Kulturwissenschaft des Unbrauchbaren, Übriggebliebenen oder Weggeworfenen verorten.
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