DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1868-7806.2011.04 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1868-7806 |
Ausgabe / Jahr: | 4 / 2011 |
Veröffentlicht: | 2012-01-11 |
„Das Erdbeben in Chili“ veranschaulicht an zwei antagonistischen Gruppen die Unangemessenheit religiöser Deutungen von realen Ereignissen. Das Beben selbst wirkt wie ein Katalysator, der die konträren Positionen deutlich hervortreten lässt. Die sich als christlich verstehende Gesellschaft von St. Jago verrät ihre Ideale, indem sie in Josephe, Jeronimo und ihrem (Adoptiv-)Kind die Heilige Familie erschlägt.
In Kleists „Michael Kohlhaas“ und Kafkas „Proceß“ sind Schriftstücke unverzichtbare Medien der Rechtssphäre. In vergleichender Perspektive werden ihre verschiedenen Funktionen und Übertragungswege in beiden Texten analysiert. Trotz wichtiger Unterschiede wie dem Umstand, dass Kleists Erzählung von den Konsequenzen eines nicht eröffneten Prozesses handelt, während der Prozess bei Kafka mit dem ersten Satz des Romans begonnen hat, geht es in beiden Texten um die erzählerische Inszenierung einer Rechtsverweigerung und deren Folgen. Im Falle Kafkas hat diese Rechtsverweigerung ihre Ursache in der inquisitorischen Modalität eines Prozesses, der kein Gerichtstheater kennt; in Kleists Erzählung verweigern die Gerichte aus Rücksicht auf die Staatsräson den öffentlichen Austrag einer Streitsache. Selbst wenn im „Kohlhaas“ am Ende Recht gesprochen wird, dann erfolgt dieser Akt aus rechtsfremden, nämlich machtpolitischen Erwägungen.
Der Artikel untersucht die Rebellionsnovelle „Michael Kohlhaas“ (1808/10) vor dem Hintergrund juristischer und bürokratischer Diskurse um 1800. Besondere Aufmerksamkeit liegt dabei auf der von Heinrich von Kleist entworfenen Poetik der Querulanz, wie sie aus einer medientheoretischen, machtanalytischen und rechtstheoretischen Perspektive erkennbar wird.
Abstract Wenn Person zu sein nach Hobbes bedeutet, vertretbar zu sein, so ergeben sich daraus Gefahren, die in Kleists „Michael Kohlhaas“ durchgespielt werden: die der Entfremdung und Spaltung zwischen Vertreter und Vertretenem, wie auch die Möglichkeit ihrer Überdeckung und ihres Ununterscheidbarwerdens. Der Beitrag geht zwei Logiken der Stellvertretung anhand der zwei Erzählstränge von Kleists Novelle nach, deren Doppelung auch die Frage nach der Autorisierung des Erzählens selbst aufwirft.
Kleists „Verlobung“ ist ein Zeitschriftentext, erschienen im Journal „Der Freimüthige. Berlinisches Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser“ vom 25. März bis zum 5. April 1811. Damit macht die hier gebotene Lektüre Ernst, die die Wahrnehmung von Schwarz, Weiß und in ihren Mischungsverhältnissen undurchsichtigen Zwischentönen in konsequent zeitgenössischem Diskurshorizont zu rekonstruieren sucht. Dabei werden der Blick „des Fremden“ im Jahr 1803, jener wenigstens partiell dem Rezipienten als Perspektivinstanz angebotenen Figur namens Gustav/August, und der Blick des zeitgenössischen Lesers im Jahr 1811 parallel und enggeführt: im als Crux sich erweisenden Rätselwort von der „Mestize, Namens Toni“ einerseits, dem Reizwort vom „gelben Fieber“ andererseits.
Die klassische Ästhetik des deutschen Idealismus hat ihren wirkmächtigsten und selber wieder klassisch gewordenen Ausdruck in den „Briefen über die ästhetische Erziehung“ gefunden, die Friedrich Schiller 1795 im ersten Jahrgang seiner Zeitschrift „Die Horen“ veröffentlicht hat. In der genauen Mitte dieses Manifests, mit dem sein Autor die Ziele der Französischen Revolution in Deutschland durch eine ästhetische Revolution verwirklichen zu können hoffte, fasst er seine Anschauungen wie in einem Brennpunkt in der Beschreibung einer antiken Statue zusammen.
Zu den letzteren gehört geradezu paradigmatisch das Buch von Hans-Jürgen Schmelzer. Schon ein Blick in die Bibliographie (vgl. Sch 245–247) lässt schaudern. Nicht einmal die drei genannten Kleist-Ausgaben werden korrekt verzeichnet. Verfassernamen und Titel der sonstigen Literatur werden teilweise falsch geschrieben oder auf schon groteske Weise abgekürzt. Aus Paul Hoffmanns Aufsatz „Ulrike von Kleist über ihren Bruder Heinrich“ wird „Ulrike von Kleist und ihre Brüder“ (Sch 246). Und so weiter. – Im Text stellt sich dann bald heraus, dass hier mit Zitaten ganz unverantwortlich umgegangen wird.
Die Bedeutung der Brandenburger Kleist-Ausgabe (BKA) ist heute weitgehend unbestritten. Sie darf als wesentliche historisch-kritische Ausgabe gelten. Dass sie zudem für die Kleist-Forschung maßgeblich ist, da weitere historisch-kritische Ausgaben fehlen, versteht sich ohnehin. Sie ist allerdings eine Ausgabe für Bibliotheken. Nur in Ausnahmefällen werden sich Privatpersonen die BKA angeschafft haben bzw. anschaffen.
Nach dem Kunst- und Kulturwissenschaftler Aby Warburg und dessen bahnbrechenden Studien zu einem „Gebärdensprechatlas“ ist es im 20. Jahrhundert vor allem der Literaturhistoriker Max Kommerell gewesen, der die Geste und Gebärde als einen nicht mehr wegzudenkenden Gegenstand der Literaturwissenschaft, insbesondere der Dramenforschung, erschlossen hat. Davon zeugen nicht zuletzt die in jüngster Zeit vermehrt publizierten Studien zu Kommerell selbst, etwa von Walter Busch, Paul Fleming, Ulrich Port und Isolde Schiffermüller.
Mit zeitlichem Abstand wächst das Bedürfnis, Bilanz zu ziehen und Ordnung zu schaffen. Der deutschsprachigen Literatur der letzten zwei Jahrzehnte widerfährt inzwischen genau das. Mittlerweile scheint genug Zeit vergangen zu sein, um das, was gewesen ist, sortieren zu können. Und so liegt denn auch in der Zwischenzeit der eine oder andere literaturwissenschaftliche Rückblick vor, der sich als Überblick über die spezifischen Themen und Schreibverfahren der deutschsprachigen Literatur um die Jahrtausendwende versteht.
In diesen Tagen scheint sich die Geschichte der Geschichte als Herrschaftsdisziplin der Geisteswissenschaften ihrem Ende zuzuneigen. Das kann kaum heißen, dass wir geschichtsmüde geworden sind, oder gar werden sollten, sondern dass sich zunehmend geschichtlich gerahmte Untersuchungen in konstruktiver Spannung mit den Denkmustern anderer und zuweilen geschichtsfremder Disziplinen finden. Zu nennen sind hier insbesondere die politische Theorie, Biologie, Anthropologie und wieder (immer noch, immer wieder) die Ästhetik als Zweig einer Philosophie, in der die Frage nach dem richtigen Leben noch ein Echo findet.
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